Stolpersteine sind ein Projekt, das der Künstler Gunter Demnig 1992 begonnen hat, um an individuelle Schicksale von Menschen zu erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Das Projekt gilt als das größte dezentrale Mahnmal der Welt; im Mai 2023 wurde der 100000. Stolperstein verlegt (https://www.stolpersteine.eu/start).

Am 17. Oktober 2023 wurden auf dem Bürgerstein vor dem historischen Rathaus in Hoffnungsthal auf Initiative des Geschichtsvereins Rösrath und besonders von unserer ehemaligen Geschichtskollegin Marina Wittka in Kooperation mit der Stadt Rösrath die ersten dieser Stolpersteine verlegt, und zwar für Gustav Schiffbauer, Hermann Gohrke und Heinrich Klein. Alle drei waren Mitglieder der Gemeinde, die aus politischen Gründen verfolgt, verschleppt und vermutlich im KZ umgebracht wurden.

 

Im Rahmen der Thematisierung von Erinnerungskultur haben mehrere Geschichtsklassen und Kurse unserer Schule an der Feierlichkeit zur Verlegung teilgenommen.

Der Zusatzkurs Geschichte der Q2 hat sich in den letzten Wochen projektartig mit Stolpersteinen und den drei Opfern des Nationalsozialismus in Rösrath beschäftigt. Bei der Feier am vergangenen Dienstag durften die Schüler:innen Teil des Programms sein und ihre Gedanken und Erkenntnisse vortragen. Sie haben das mit großer Feinfühligkeit, Anteilnahme und historisch-politischem Bewusstsein getan.

Den Beitrag im Wortlaut finden Sie hier:

 

Liebe Anwesenden, liebe Mitwirkende,

wir freuen uns außerordentlich, heute vor Ihnen zu stehen als Geschichte Zusatzkurs der Q2 des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums. In den vergangenen Wochen hatten wir die einzigartige Gelegenheit, Gespräche mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Altersgruppen, Lehrkräften verschiedener Fächer und der Schulleitung unserer Schule zu führen.

Dieser Austausch hat nicht nur unser Verständnis für dieses historische Gedenkprojekt vertieft, sondern auch unsere Verbundenheit mit der Geschichte, auch unserer Stadt, gestärkt. Es war für uns inspirierend, die unterschiedlichen Perspektiven und Erwartungen unserer Mitmenschen kennenzulernen und zu erfahren, wie die Verlegung der Stolpersteine in unserer Schule in einem breiten Spektrum von Meinungen und Gefühlen widergespiegelt wird. Wir sind dankbar für die Gelegenheit, diese Erkenntnisse und Reflexionen mit Ihnen teilen zu dürfen, und hoffen, dass sie dazu beitragen, die Bedeutung der Stolpersteinverlegung für unsere Schulgemeinschaft hervorzuheben.

„Endlich“, „Großartig“ – das waren erste Reaktionen von Lehrer:innen, die wir befragt haben. Erleichterung und Begeisterung. „Ein toller Moment des Nichtvergessens“ – Nicht nur wir sind jetzt in diesem Moment des Gedenkens, sondern auch jede Person beim Stolpern. Im alltäglichen Leben vergessen wir oft, was früher einmal war, wir fokussieren uns auf unsere Gedanken. Nun werden wir auf einer alltäglicheren Ebene über die Historie, das Geschehen, die Menschen, die Opfer, aufmerksam gemacht. „Umso wichtiger, dass wir das als Gesellschaft übernehmen, das Erinnern.“

Aus den geführten Gesprächen an unserer Schule sind uns besonders zwei weitere Zitate in Erinnerung geblieben. Einer unserer Mitschüler sagte: „Man denkt an die verstorbenen Opfer, die sich gegen den Strom gestellt haben.“ Wir heben dieses Zitat so hervor, weil es deutlich macht, dass unter dem NS-Regime politisch Andersdenkende nur aufgrund ihrer Meinung unterdrückt, verfolgt und sogar ermordet wurden. Ein weiterer Mitschüler bemerkte: „Wenn man über die Stolpersteine stolpert, realisiert man erst in welchen Zeiten wir leben und dass man sie wertschätzen sollte“. Diese Aussage macht besonders deutlich, dass wir Schülerinnen und Schüler viel Wert darauflegen, die Gräueltaten aus dieser Zeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Unsere Interviews haben uns erlaubt, uns sowohl mit Lehrern als auch mit Schülern verschiedener Jahrgänge auszutauschen. Besonders bei jüngeren Schülern ist dabei aufgefallen, dass der Bezug zum Nationalsozialismus größtenteils im schulischen Kontext hergestellt wird. So essentiell der Umgang im Klassenzimmer, natürlich im Geschichts-, aber laut den Schülern auch bspw. im Philosophieunterricht ist, so ist die Verlegung von Stolpersteinen dennoch ein wichtiger Schritt, um im Alltag und vor Ort auf die Verbrechen der Nationalsozialisten aufmerksam zu machen. So erzählte eine Lehrerin von ihren eigenen Kindern, denen Stolpersteine auffielen. So hatte sie die Möglichkeit, sie aufzuklären, nicht zuletzt durch die im Vergleich zu beispielsweise Denkmälern sehr alltagsgebundenen Stolpersteine. Auch diese Alltagsgebundenheit war unseren Gesprächspartnern wichtig. Ein Geschichtslehrer betonte dabei, wie wichtig es sei, ein so grausames, aber auch so abstraktes Geschehen auf eine alltägliche Ebene zu bringen und in Erinnerung zu rufen, dass Menschen aus ihrem Umfeld, ihrem Leben, gerissen und ermordet wurden. Denn eine Siebtklässlerin brachte es gut auf den Punkt: „Man kann es sich einfach nicht vorstellen.“ Gerade weil viele Schüler sich einen intensiveren Umgang mit dem Nationalsozialismus im Alltag wünschen, besitzen diese ersten Stolpersteine große Tragweite, denn sie zeugen vom eindrucksvollen Engagement, das alle Beteiligten dieser Aktion zeigen.

Abschließend möchten wir uns noch einmal dafür bedanken, dass wir Teil der Veranstaltung sein dürfen, weil für uns als Schülerinnen und Schüler die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus von großer Bedeutung ist.

 

Julian Baier, Philipp Bergerhausen, Katja Buchavzov, Tobias Burchardt, Tim Cahon, Lilian Grams, Lilien Hampl, Ben Hilkhausen, Arda Kederoglu, Maja Köhlbach, Ilaria Laudani, Lea Litzinger, Panna Lusani, Linn Melenk, Daniel Rodermann, Kilian Ruscher, Jonah Stähler, Marina Zimmer

Text: VGN/ WAS

Bilder: Marina Wittka / VGN